Saturday, October 18, 2008

Warum brauchen wir Geld?

Warum brauchen wir Geld?

Stellen wir uns vor, wir wollten auf einem Wochenmarkt Brot kaufen, ohne dass Geld existierte. In diesem Fall müssten wir auf dem Markt selbst Güter verkaufen können, um das Brot zu bezahlen. Nehmen wir an, wir hätten uns auf die Herstellung von Runkelrüben spezialisiert. Nun wäre es aus unserer Sicht natürlich am einfachsten, wir könnten Brot gegen unsere Runkelrüben tauschen. Aber was geschieht, wenn der Brotverkäufer gar keine Runkelrüben mag? Dann kommt das Geschäft nicht zustande, zumindest nicht direkt.

Es mag sein, dass wir durch die Einschaltung deines Dritten doch noch Brot erhalten. Wenn der Brotverkäufer zwar keine Runkelrüben, dafür aber Kichererbsen mag und ein auf dem Markt anwesender Produzent von Kichererbsen Interrese zeigte, das eingetauschte Brot gegen unsere Runkelrüben zu tauschen, kämen wir auf diesem Umweg doch noch zu unserem Brot. Aber das ist alles sehr kompliziert und unsicher.

Mit einer Ware, die von allen Beteiligten akzeptiert wird, kommen die Geschäfte dagegen ganz leicht zustande. Geld vereinfacht den Tausch von Gütern (und Dienstleistungen) ganz erheblich. Erst Geld lässt einen Markt (und damit auch eine ganze Marktwirtschaft) effizient funktionieren.

Doch die Funktion des Geldes beschränkt sich nicht auf die eines Zahlungsmittels. Anders als die schnell verderblichen Runkelrüben oder Kichererbsen ermöglicht Geld, Werte zu speichern, zu bewahren und damit auch zu akkumulieren und zu verleihen. Die Bildung erheblicher Vermögen und die Finanzierung großer Investitionen waren erst in der Geldwirtschaft möglich. Geld ist eine der Grundvoraussetzungen für eine dynamische Ökonomie. Lenin wird der Satz zugeschrieben, wer den Kapitalismus vernichten wolle, müsse sein Geld vernichten. Das war nicht absurd.

Um als Wertaufbewahrungsmittel zu dienen, darf Geld nicht beliebig vermehrbar sein. Aus diesem Grund dienten Metalle wie Gold und Silber lange Zeit als Geld, Kieselsteine dagegen nie.

In unsere Zeit übertragen hat diesen Gedanken der Nobelpreisträger Milton Friedman. Was passiert, fragte Friedman, wenn ein Hubschrauber so viele Banknoten abwirft, dass sich umaufende Geld verdoppelt? Viele Menschen mögen glauben, der unverhoffte Geldsegen würde sie reicher machen. Wie gefehlt, sagt Friedman. Denn die Produzenten würden die Gelegenheit nutzen, um ihre Preise deutlich zu erhöhen. Am Ende hätten die Menschen zwar mehr Geld in der Tasche, könnten aber nicht mehr Güter kaufen.

Geld ohne Wert ist kein Geld mehr. Der deutsche Ökonom Georg Friedrich Knapp (1842 bis 1926) entwickelte vor rund 90 Jahren die damals populäre „Staatliche Theorie des Geldes“, in der er postulierte, Geld entstehe und existiere durch Anordnung des Staates. Zwar wird Geld bis heute überwiegend von Staaten ausgegeben, doch seine Verwendung lässt sich nicht anordnen, sbald das Geld seinen Wert verloren hat, wie jede große Inflation zeigt. Wo das Geld nicht mehr taugt, hat der Staat sein recht verloren.

Wie das Geld unter die Menschen kam, ist nicht eindeutig. Viele Ökonomen meinen, die Menschen hätten beim Gütertausch den Nutzen eines allseits anerkannten Tausch- und Wertaufbewahrungsmittel erkannt und sich nach einem geeigneten Material umgesehen. In Europa und Klein-asien, wo schon vor Jahrtausenden Metalle abgebaut wurden, setzen sich Metallstücke, die Münzen, durch, weil sie solide, problemlos untereinander vergleichbar und leicht transportierbar waren. Auf in der Pazifik gelegenen Insel Yap, wo es keine Metalle gibt, benutzten die Eingeborenen ein aus einem seltenen Kalk bestehendes Steingeld, anderswo fanden Vogelfedern, Metallringe oder auch Rinder Verwendung.

Eine alternative Theorie stammt von dem deutschen Wissenschaftler Bernard Laum (1884 bis 1974), der von der These nichts hielt, Geld sei aus Nützlichkeitserwägungen entstanden. Laum vertrat die in dem Buch „Heiliges Geld“ entwickelte Sakraltheorie: Danack entstand Geld als ein religiöses Opfer, indem in der Antike Priester durch die Hingabe von Metallen Gegenleistungen von den Göttern erhofften. Wobei sich im Laufe der Zeit feste „Tarife“ für bestimmte göttliche Leistungen herausgebildet hätten.

Im Laufe der Zeit sei denn die Staat an die Stelle der Gottheit getreten und der Beamte an die Stelle des Priesters, behauptet Laum. Das Ergebnis bestand in der Verweltlichung und Ausbreitung der Geldwirtschaft. Laums Erklärung ist sehr umstritten, aber noch vor 20 Jahren gehörte sie zum Standerdstoff deutscher Lehrbücher über das Geldwesen.

Um seine nutzenstiftende Rolle als Zahlungsmittel und Wertspeicher zu wahren, musste das Geld um Laufe der wirtschaftlichen Entwicklung mehrfach sein Gewand wechseln, Münzgeld war für antike und mittelalterliche Gesellschaften ideal, aber der spätestens mit der Industrialisierung einsetzende sehr rasch wachsende Geldbedarf erforderte einen neuen, leichter vermehrbaren und handlicheren „Stoff“.

Hier erwies sich das Papier als optimales Rohmaterial, auch wenn die „Zettel“, wie man Banknoten anfangs abschätzend nannte, lange um Anerkennung kämpfen mussten. Mit dem Papiergeld wurden auch Manipulation des Geldes leichter, und nicht zufällig fallen alle großen Inflationen in die Zeit der Banknot. Derweil kommt auch die Banknote langsam außer Mode – ein immer größerer Teil der Zahlungen findet unbar statt.

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